Frustrationstoleranz bei Katzen

Wie verstehe ich meine Katze?
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Tiedsche
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Frustrationstoleranz bei Katzen

Beitrag von Tiedsche »

Vielen Problemen in Katzenhaushalten liegt als Ursache eine mangelnde Frustrationstoleranz zugrunde, die sich in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich zeigt zb in aggressivem Verhalten gegenüber Halter, Mitkatzen oder Eintichtung.
Ich hab hier mal einiges aus Artikeln im Internet zum Thema zusammengestellt

Quelle: https://www.felipaws.de/hilfe-meine-kat ... 20mangelt. blog@felipaws.de
Ursache für geringe Frustrationstoleranz:
Katzen die schnell zwicken oder kratzen oder sonstiges aggressiv gefärbtes Verhalten zeigen, wenn sie etwas wollen, haben meistens nicht gelernt mit Frust umzugehen. Frustrationstoleranz, also die Fähigkeit Frust auszuhalten, muss jede Katze lernen. Meistens passiert das sehr früh in der Jugendentwicklung, im Umgang mit Mutter und Geschwistern. Katzen aus Handaufzuchten, Einzelkitten oder Katzen, die sehr früh abgegeben werden, laufen also am ehesten Gefahr, dass es ihnen später an Frustrationstoleranz mangelt. Aber im Grunde kann jede Katze in jedem Alter Frustrationstoleranz lernen und in manchen Fällen leider auch wieder verlernen.
Wie kann/soll man als Halter mit diesem unerwünschten Verhalten umgehen und damit auch den Stress für Katze und Halter langfristig verhindern?
Was nicht funktioniert: Positive Strafe
Wenn ihr eine Katze habt, die nicht gut mit Frust umgehen kann, ist es keine gute Idee sie für ihr Frustverhalten zu bestrafen, z.B. durch Schreckreize oder mit Wasser bepritzen oder ähnliches. Entweder ihr habt eine Katze, die leicht beeindruckbar ist. Dann habt ihr mit diesem Methoden scheinbar Erfolg, weil die Katze sich nicht mehr traut ihre Bedürfnisse bei euch einzufordern. Unter der Oberfläche brodelt der Frust aber weiter und bricht eventuell irgendwann noch heftiger wieder hervor. Außerdem geht es eurer Katze damit auch einfach nicht gut.
Oder ihr habt ein wenig beeindruckbare Katze. Die wird durch die Strafe zusätzlich zu ihren Frust dann möglicherweise auch noch wütend über eure grobe Behandlung und reagiert dann erst recht aggressiv. Und dann ist man schnell in einem Teufelskreis aus Aggression und Strafe.
Und dann gibt es Katzen, die empfinden die Aufmerksamkeit, auch wenn sie noch so aversiv ist, als Belohnung, so dass ihr Verhalten verstärkt wird. Das passiert vor allem bei entweder sehr robusten Katzen, die die Strafe als Spiel auffassen, oder solchen, die sonst kaum beachtet werden und für die Aufmerksamkeit jeglicher Art extrem erstrebenswert ist.

Was nur bedingt funktioniert: Negative Strafe
Etwas erfolgsversprechender ist da das Entziehen von Aufmerksamkeit, wobei auch das wieder zu mehr Frustration führt und deswegen auch nur bedingt funktioniert. Trotzdem kann es, in enger Verzahnung mit den unten aufgeführten positiven Methoden, durchaus sinnvoll sein das unerwünschte aufmerkamkeitsheischende Verhalten zu ignorieren.
Wenn man gebissen und gezwickt wird, ist das natürlich gar nicht so einfach. Da lohnt es sich zumindest für die ersten Trainingseinheiten sich mit „beißfester“ langer Kleidung und Handschuhen zu wappnen.
Was funktioiniert, Teil 1: Frustrationstoleranz und Impulskontrolle trainieren
Wie gesagt, Frustrationstoleranz kann – und muss – gelernt werden. Dazu gibt es einige Trainingsspiele, die gute Dienste leisten. Hier mal nur zwei der vielen möglichen Varianten kurz angerissen:

Futter in der Hand: Ihr nehmt ein Bröckchen Futter in die geschlossene Hand und haltet sie der Katze hin. Es darf für die Katze nicht möglich sein an das Futter in eurer Hand zu kommen. Bei Katzen, die dann sofort fest zwicken oder zubeißen, bieten sich Handschuhe an oder ein verschließbares – aber nicht geruchsdichtes – Gefäß. Die Katze wird versuchen an das Futter zu kommen. Alle groben Versuche werden einfach ignoriert. Die Hand bleibt zu. Sobald die Katze sich etwas zurücknimmt, also vielleicht an der Hand leckt anstatt zu beißen – und wenn es nur für eine halbe Sekunde ist – geht die Hand oder das Gefäß sofort auf und sie darf das Futterbröckchen nehmen.
Mit der Zeit lernt die Katze so, dass sie schneller zum Ziel kommt, wenn sie sich zurücknimmt und sanfter mit ihrem Menschen umgeht.

Das 10-Leckerchen-Spiel: Ihr legt einige Leckerchen bereit, so dass eure Katze nicht rankommt. Dann nehmt ihr nach und nach ein Leckerchen nach dem anderen und zählt sie laut in eure Hand: 1-2-3-4-5-6-7-8-9-10. Ihr seid bei 10 angekommen seid und eure Katze wartet noch einigermaßen geduldig? Lobt sie und werft ihr das erste Leckerchen zum Nachjagen. Sobald sie es gefressen hat und sich wieder zu euch umdreht, darf sie das zweite jagen und und so weiter, bis alle 10 Leckerchen aufgebraucht sind.
Sollte eure Katze beim Zählen grob und übermaßig ungeduldig werden, dann legt ihr die Leckerchen mit einem „Schade“ wieder zurück und fangt von vorne an.
Damit das gerade für ungeduldige Katze nicht zu schwer und – doch wieder – frustrierend wird, passt ihr die Anzahl der Leckerchen bitte den aktuellen Fähigkeiten eurer Katze an. Das heißt, je nachdem wieviel Geduld eure Katze aufbringt, zählt ihr vielleicht erstmal nur bis 5 oder 3 oder – bei sehr leicht frustrierbaren Katzen – vielleicht sogar nur bis 1. Wenn das gut klappt, dann könnt ihr die Anzahl schrittweise erhöhen.

Wer nicht mit Leckerchen arbeiten will, der kann auch eine Spielangel rausholen und Lauerspiele spielen. Auch das steigert die Impulskontrolle.

Wichtig ist, egal wie und was ihr trainiert, dass eure Katze dabei immer noch Spaß hat und nicht noch mehr frustriert wird. Das wäre kontraproduktiv. Auch wenn ihr vielleicht gerade selbst ziemlich genervt seid vom Verhalten eurer Katze, bleibt ihr gegenüber fair. Sie macht das nicht um euch zu ärgern.
Was funktoniert, Teil 2: erwünschtes Verhalten belohnen
Jede Katze hält in ihrem energischen Fordern nach Aufmerksamkeit, Futter oder was auch immer sie gerade will auch mal kurz inne. Das ist euer Moment um sie zu belohnen und ihr genau das zu geben, das sie gerade noch so energisch eingefordert hat. Anfangs muss man da oft schnell sein – dann lohnt es sich, wenn man ein Markersignal etabliert hat. Wenn ihr es aber geschickt anstellt und diese kurzen Momente ausnutzt, dann werdet ihr bald feststellen, dass eure Katze anfängt genau dieses Verhalten, das sie zum Erfolg geführt hat, immer öfter und ausdauernder zu zeigen.

Was auch noch hilft, Teil 1: vorausschauende Bedürfnisbefriedigung und Rituale
Eine Katze, deren Bedürfnisse zuverlässig und vorhersehbar befriedigt werden hat keinen Grund sie – aggressiv oder nicht – einzufordern. Wenn ihr also wisst, dass eure Katze zu einer bestimmte Uhrzeit immer hungrig wird, dann fütter sie doch einfach regelmäßig kurz vorher. Wenn eure Katze euch Abends beim Fernseh schauen nervt, dann legt doch jeden Abend eine kleine 10-minütige Spielrunde ein, bevor ihr es euch auf dem Sofa bequem macht.
Diese Rituale bieten eurer Katzen außerdem Erwartungssicherheit. Sie weiß zuverlässig, wann sie etwas bekommt (und wann nicht).
Zugegeben, dadurch lernt eure Katze keine Frustrationstoleranz. Aber zum einen ist sie allgemein weniger frustiert und damit besser für das Frustrationstoleranztraining gerüstet und zum anderen habt ihr dadurch ein gutes Management, bis das Training Früchte trägt und eine allgemein zufriedenere Katze.

Was auch noch hilft, Teil 2: Entspannung
Frust bzw. Aggression und Entspannung widersprechen sich. Eine entspannte Katze beißt nicht. Auch Entspannung ist etwas, das eine Katze lernen kann und sogar etwas, das ihr nach etwas Training mit einem Signal oder Geruch auslösen könnt, zumindest innerhalb eines gewissen Rahmens. Recherchiert einfach mal ein wenig zum Thema konditionierte Entspannung. Hier habe ich auch schonmal was dazu geschrieben

Was man immer beachten sollte: Gesundheitszustand und Hintergrundstress
Bei allen Verhaltensproblemen, und ganz besonders solchen, die mit Angst oder Aggression einhergehen, gilt immer: Erstmal Schmerzen und andere Krankheiten ausschließen. Deswegen ist es in solchen Situationen einen gute Idee, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zum Tierarzt zu gehen. Vor allem dann, wenn die Trainingsmethoden so gar nicht anschlagen wollen.
Damit eng verknüpft ist auch immer die Frage nach dem Hintergrundstress. Auch Stress, der scheinbar gar nichts mit der aktuellen Situation zu tun hat, belastet die Katze und beeinträchtigt Fähigkeiten wie Frustrationstoleranz und Impulskontrolle.


Hier ist auch noch eine wunderbare Seite, die nochmal tiefer auf das Training eingeht
Quelle: https://atn-akademie.com/magazin/das-10 ... f%C3%BChrt
Das 10-Leckerchen-Spiel für Katzen
Autor: Anna-Katrin Mausolf 02.04.2018
Wer an der ATN Katzenpsychologie studiert, weiß es längst: Katzen machen eben nicht nur, was sie wollen. Viele Katzen lassen sich erstaunlich leicht trainieren und haben großen Spaß daran, zu lernen, auszuprobieren und mit ihren Menschen eine ganz neue Beziehungsebene zu entdecken. Eine Art Multi-Toll des Tiertrainings lässt sich dabei ganz hervorragend auf Katzen anwenden: das 10-Leckerchen-Spiel. Entwickelt wurde es ursprünglich von der US-amerikanischen Hundetrainerin Leslie Nelson. Unsere Tutorin und Dozentin für die Katzenverhaltenstherapie, Anne-Katrin Mausolf, erläutert im vorliegenden Beitrag, wie das Spiel funktioniert und wie es sowohl im Einzel- als auch im Mehrkatzen-Haushalt für willkommene Unterhaltung, Abwechslung und natürlich auch gute Katzenmanieren sorgt.
Welche Vorteile und Möglichkeiten bietet das 10-Leckerchen-Spiel für Katzen?
10-Leckerchen-Spiel: Multitool der Katzenerziehung
Im 10-Leckerchen-Spiel lernt die Katze, für eine gewisse Zeit ruhig zu warten und sich zurückzunehmen – sie lernt also Impulskontrolle und damit, sich besser zu beherrschen. Impulskontrolle ist auch für Katzen eine echte „Schlüsselqualifikation“. Denn viele unerwünschte, „nervige“ und mehr oder weniger problematische Verhaltensweisen können ihre Ursache in mangelnder Impulskontrolle haben oder finden. Mit dem 10-Leckerchen-Spiel steht Katzenhaltern und Katzenpsychologen ein tolles Werkzeug zur Verfügung, das in vielgestaltiger Weise bei der Erziehung der Katze und in Sachen „Katzenmanieren“ unterstützend eingesetzt werden kann.

Für’s Warten wird Mieze beim 10-Leckerchen-Spiel hochwertig belohnt: denn die Belohnung besteht nicht nur aus einem einzigen Leckerchen, sondern aus einer Abfolge von mehreren Leckerchen. Mit der Zeit entwickelt die Katze für dieses Spiel eine Erwartungshaltung auf eine längere Belohnungssequenz oder eine sogenannte Jackpot-Belohnung. Damit hat das Spiel das Potenzial, ein sehr hochwertiges Belohnungspaket für die Katze zu werden, das in vielen Situationen besser funktionieren wird als eine „normale“, also einmalige und kurze Belohnung.

10-Leckerchen-Spiel: Hintergrund
Das 10-Leckerchen-Spiel ist für Katzen sehr einfach zu erlernen und verschafft in der Regel schnell sichtbare Erfolge. Außerdem macht es Spaß und sorgt dafür, dass Sie und Ihre Katze gemeinsam etwas Schönes unternehmen. Wer gemeinsam Spaß hat,der arbeitet gleichzeitig an seiner Beziehung.

Das 10-Leckerchen-Spiel besteht aus zwei Teilen:
dem Zählen und
der Belohnungsphase.

Das Zählen wird durch viele Spiel-Wiederholungen mit dem Verhalten „ruhiges Warten in der Nähe des Menschen“ verknüpft. Gleichzeitig kündigt jede Wiederholung eine weitere, längere Belohnungsphase an.

10-Leckerchen-Spiel: Warum ist es so sinnvoll?
Das 10-Leckerchen-Spiel kann viele positive Effekte mit sich bringen:

die Katze lernt Impulskontrolle und Frustrationstoleranz
die Katze lernt, dass ruhiges Warten sie zum Erfolg führt
die Katze lernt, dass nach einer Ankündigung (dem Zählen) eine längere Interaktion mit dem Menschen folgt: es lohnt sich für sie also sehr, mitzuspielen
die Katze lernt, dass sich in der Nähe ihres Menschen schöne Dinge ereignen (die Länge der Belohnungssequenz verstärkt die gute Erfahrung in der Nähe zum Menschen und das gemeinsame Erlebnis)
Katze und Mensch haben gemeinsam Spaß
die Katze lernt, sich auf ihren Menschen zu konzentrieren, später auch in aufregenden Situationen (durch Aufmerksamkeitsteilung)
das Spiel ist sehr gut als freundlicher Unterbrecher bei unerwünschtem Verhalten geeignet (wenn es zuvor oft genug geübt wurde und für die Katze sehr positiv verknüpft ist)
der Mensch übt das Timing beim Einsatz von Markersignalen
das Spiel eignet sich hervorragend, um Markersignale schnell und gut zu verknüpfen oder wieder aufzuladen
Hinweis

Markersignale, z.B. ein Clicker, sind Brückensignale. Sie werden im Tiertraining eingesetzt, um ein Verhalten (z.B. einen Blickkontakt) exakt zu markieren und sich dadurch etwas Zeit zu verschaffen, um die Belohnung überreichen zu können. Es ist ein Versprechen an die Katze: Das, was du gerade machst, gefällt mir so gut, dass du dir eine Belohnung verdient hast, sie ist schon unterwegs. Ein Markersignal kündigt also immer etwas Schönes für die Katze an – und weil das Etwas für die Katze „schön“ ist, wirkt es „belohnend“, führt also dazu, dass das belohnte Verhalten von der Katze in der Zukunft häufiger gezeigt wird. Darin besteht auch der einfachste Weg, seine Katze zu einer „braven Katze“ zu machen.

Weitere Vorteile des 10-Leckerchen-Spiels:

das Spiel kann mit dem Üben von vielen anderen Signalen kombiniert werden (Sitzen, Liegen, Ansehen des Menschen auf Signal etc.)
das Spiel kann mit vielen anderen Spielen kombiniert werden (Leckerli werfen, schnipsen oder kullern, Leckerli zuerst belauern und dann jagen lassen etc.)
das Spiel ist mit einer oder mit mehreren Katzen gleichzeitig spielbar Katzen, die gerade in einer schwierigen Situation sind, kann das Spiel helfen, sich für ein Alternativverhalten zu entscheiden, anstatt ein unerwünschtes Verhalten zu zeigen
Katzen mit Ängsten kann das Spiel helfen, sich auf etwas anderes als den Angstauslöser zu fokussieren und so besser mit der Angst umzugehen (Aufmerksamkeitsteilung)
das gleiche gilt für Auslöser von Frust oder Aggression
es verbessert schnell die allgemeine Stimmung nach Stress, Aufregung oder Schrecksituationen
10-Leckerchen-Spiel: Los geht’s!
Um das 10-Leckerchen-Spiel spielen zu können, brauchen Sie

ein Markersignal (z.B. einen Clicker, Zungenclick oder ein Markerwort – alternativ benutzen Sie ein Lobwort)
viele kleine Leckerchen in einem Gefäß oder einer Leckerlitasche.. Klein sollten die Leckerchen sein, damit sie schnell gegessen werden können und die fressbedingte Unterbrechung der Übung möglichst kurz ausfällt. In einem Gefäß oder einer gut zugänglichen Tasche sollten sie sein, damit sie erst nach dem Zählen auftauchen können.
Haben Sie alles vorbereitet, rufen Sie Ihre Katze zu sich oder erregen Sie ihre Aufmerksamkeit, wenn sie gerade in Ihrer Nähe ist. Sollte es Ihrer Katze schwer fallen, sich auf Sie zu konzentrieren, kann es helfen, sich mit ihr auf eine Ebene zu begeben: Setzen Sie sich zu Ihrer Katze auf den Boden, die Couch oder das Bett.

Nun beginnen Sie, für Ihre Katze sichtbar Leckerchen in Ihre Hand abzuzählen. Halten Sie die Hand dabei soweit außer Reichweite, dass Ihre Katze nicht darankommt. Wichtig ist, dass Ihre Katze dabei wirklich mitbekommt, dass Sie Leckerchen für sie bereithalten. Dazu ist es natürlich hilfreich, wenn sie Sie anschaut. Ihre Katze darf dabei stehen, liegen, sitzen – ganz egal. Geben Sie ihr keine Anweisungen, erregen Sie lediglich ihre Aufmerksamkeit. Sie muss nur „gucken“.

Der Trick ist nun, nur solange zu zählen, wie die Aufmerksamkeit Ihrer Katze tatsächlich bei Ihnen ist, aber nicht länger. Wenn die Katze weggeht oder ausschließlich in der Gegend umherschaut, dann brechen Sie das Spiel ab indem Sie aufhören zu zählen, alles einpacken und einen kurzen Moment warten. Beginnen Sie nach einer kurzen Unterbrechung von wenigen Sekunden von vorn. Dieses Mal zählen Sie aber nicht so weit wie zuvor, sondern nur solange Ihre Katze Ihnen wirklich ihre Aufmerksamkeit schenkt. Sind Sie beim Fehlversuch zum Beispiel bis fünf gekommen, zählen Sie jetzt nur noch bis drei oder maximal vier.

Es kann sein, dass Sie beim ersten Mal wirklich bis zehn zählen können oder aber nur bis drei. Bis wohin Sie kommen, ist aber nicht wichtig. Viel wichtiger ist, dass Ihre Katze das Verhalten „ruhiges Warten und Aufmerksamkeit auf meinen Menschen richten“ mit dem Zählen verknüpft. Ihre Katze darf sogar ein wenig in der Gegend umhersehen, wenn z.B. draußen ein Vogel vorbeifliegt oder ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit erregt. Ausschlaggebend ist, dass sie sich bis zur nächsten Zahl bzw. beim Aussprechen der nächsten Zahl wieder zu Ihnen hin orientiert. Tut sie das nicht, brechen Sie ab und sie erhält ein paar Augenblicke später eine neue Chance mit weniger Zählern.

katzen pause
Katzen Pause

Wichtig

Sollten Sie nicht so recht vorankommen, variieren Sie die Zählgeschwindigkeit oder auch die Stimmlage. Manche Katzen kommen besser mit schnellerem Zählen zurecht, andere können gut mit langsamem Zählen leben. Hier gilt es, ein wenig auszuprobieren, bis Sie den für Ihre Katze optimalen Ablauf gefunden haben. Denken Sie immer daran, dass jede Katze anders und individuell ist und auch eine ganz eigene Persönlichkeit hat! Auch das Filmen und nachträgliche Anschauen von solchen Übungssequenzen kann dabei helfen, herauszufinden, warum etwas nicht so läuft wie der Mensch sich das wünscht.

Legen bei jeder Zahl ein Leckerchen in Ihre Hand, während Ihre Katze Ihnen interessiert dabei zuschaut und gespannt wartet, was als Nächstes passiert. Je nach dem, wie weit Sie zählen und wie lange Ihre Katze aufmerksam schauen kann, bekommt sie z.B. nach „Fünf“ das Markersignal, woraufhin Sie das erste Leckerchen zu Boden fallen lassen. Ihre Katze wird es vom Boden essen und dabei automatisch den Blick von Ihnen abwenden (klar, denn das Leckerchen liegt ja auf dem Boden). Anschließend wird sie Sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder ansehen, denn sie weiß ja, dass da noch mehr Leckerchen in Ihrer Hand sind. Und genau für diesen Blick zu Ihnen bekommt sie das nächste Markersignal und das nächste Leckerchen fällt zu Boden. Ihre Katze frisst es auf und schaut wieder zu Ihnen, und wieder markieren (markern) Sie den Blick und lassen das nächste Leckerchen fallen. Diesen Ablauf setzen Sie fort, bis Ihre Hand leer ist.

Wenn die Leckerchen in Ihrer Hand aufgebraucht sind, zeigen Sie Ihrer Katze die leeren Hände und sagen ihr, dass die Übung beendet ist, indem Sie ein Fertigsignal geben, wie z.B. „Fertig“, „alle alle“ oder „Ende“. So lernt Ihre Katze mit der Zeit, dass die Übung mit dem Fertigsignal beendet ist und sie erst einmal keine weitere Chance hat, sich Marker und Leckerchen mit Blicken zu Ihnen zu verdienen.

Sollte Ihre Katze mittendrin das Interesse verlieren und Sie nicht mehr ansehen oder gar weggehen, zeigen Sie ihr nochmal die Hand mit den Leckerchen und markern Sie, sobald die Katze zu Ihnen schaut. Sollte auch das nicht helfen, versuchen Sie es mit Leckerchen, die für Ihre Katze hochwertiger sind als die, die Sie aktuell verwenden oder wählen Sie einen anderen Zeitpunkt, zu dem es der Katze leichter fällt, sich zu konzentrieren.
10-Leckerchen-Spiel: Trainingstipps
Steigern Sie den Schwierigkeitsgrad nur ganz, ganz langsam und fangen Sie so an, dass es für Ihre Katze individuell sehr einfach ist, bei dem Spiel Erfolg zu haben. Zählen Sie beim jeweils nächsten Durchgang erst bis zum nächsten Zähler, wenn es für Ihre Katze vollkommen selbstverständlich geworden ist, bis zum „alten“ Zähler wirklich ruhig zu warten.

Tipp

Das Zauberwort zum Erfolg ist „Kleinschrittigkeit“. Ihre Katze lernt nur, ruhig und entspannt zu warten, wenn Sie den Aufbau der Übung so gestalten, dass sie auch ruhig und entspannt warten kann. Wenn Sie weiterzählen, während Ihre Katze aufgeregt versucht, an die Leckerchen zu kommen, wird dieses Verhalten und die Aufregung anstelle des ruhigen Wartens mit dem Zählen verknüpft, und das wollen wir bei dieser Übung nicht

Sollte es für Ihre Katze schon zu schwer sein, bis „eins“ zu warten, beginnen Sie, sie früher zu markern und zu belohnen: führen Sie die Hand z.B. nur zur Leckerlietasche, aber ohne hineinzugreifen. Wenn Ihre Katze das ruhig mitansehen und warten kann, ist das durchaus einen Click und eine Belohnung wert! Später werden die Anforderungen gesteigert.

Weitere Teilschritte auf dem Weg zur „Eins“ können sein:

Griff in die Tasche
Herausholen eines Leckerchens
Legen des Leckerchens in die andere Hand
Achten Sie außerdem darauf, die Anforderungen nicht linear zu steigern. Dann würde Ihre Katze nur lernen, dass es immer schwerer wird, wodurch sie womöglich die Lust an diesem Spiel verliert. Stattdessen zählen Sie einmal bis fünf, dann wieder nur bis drei, bis vier, bis sechs und dann wieder nur bis zwei. So steigern Sie unter dem Strich zwar die Anforderungen, aber zwischendurch ist es zur Abwechslung auch mal ganz leicht, das Warten auszuhalten. So halten Sie Ihre Katze „bei der Stange“.

Auch wenn es vielleicht nicht danach aussieht, ist doch das Warten – gerade wenn Sie mit dem Training beginnen – mitunter sehr schwer für Ihre Katze. Gönnen Sie Ihrer Katze daher nach spätestens ein bis zwei Minuten eine Auszeit, in der sie machen kann, was sie möchte oder bieten Sie ihr ein ruhiges Spiel, einen Ausflug auf den Balkon oder ein paar Leckerchen zum Suchen oder Fummeln an. Nach einer kurzen Pause läuft es oft gleich viel besser.

Auf einen Blick: 10-Leckerchen-Spiel – Ablauf kurz und knapp

Ihre Katze befindet sich in Ihrer Nähe
Leckerchen sichtbar und laut abzählen und ibei jeder Zahl ein Leckerchen in die andere Hand legen, solange die Katze ruhig wartet
Markersignal (für das ruhige Warten)
Leckerchen fällt
Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab
* Katze schaut wieder zu Ihnen
Markersignal (für das Blickkontakt aufnehmen)
Leckerchen fällt
Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab *
von * bis * wiederholen, bis alle Leckerchen in der Hand aufgebraucht sind
10-Leckerchen-Spiel: Variationen
Als Variation können Sie das Leckerchen z.B. nicht einfach nur fallen lassen, sondern es wegschnipsen, kullern oder werfen. Oder Sie bauen noch einen kleinen Trick (z.B. Pfote geben) oder eine andere Übung (z.B. Sitzen) ein, bevor das Leckerchen überreicht wird.
mehr Tipps/Anweisungen, zB für Mehrkatzenhaushalte, usw findet ihr auf der oben angegebenen Seite https://atn-akademie.com/ ATN-akademie.com
Autorin: Anne-Katrin Mausolf
Anne-Katrin Mausolf ist ATN-Absolventin mit der Spezialrichtung auf Katzenverhaltensberatung und Hundeverhaltensberatung. Sie ist Mitglied im VDTT und berät in Hamburg und Umgebung Menschen mit Katzen zu Fragen rund um die artgemäße Katzenhaltung sowie zum Problemverhalten der Samtpfoten. Ihr Buch „Kätzchen – Haltung, Beschäftigung, Verhalten, Gesundheit“ ist 2016 im KOSMOS-Verlag erschienen. Seit 2016 ist sie als Autorin und seit 1017 auch als Tutorin für die ATN im Bereich Katzenpsychologie und Katzenverhaltensberatung tätig.

Sie hofft, durch ihre Arbeit dazu beitragen zu können, dass sich das Bild der Katze als „Nebenbei-Haustier für Menschen mit wenig Zeit“ verändert, hin zu dem, was die Katze ist: Ein anspruchsvoller Mitbewohner mit eigenen Bedürfnissen, Befindlichkeiten und Emotionen, die der Mensch (er-)kennen und (be-)achten sollte.

Webseite: katzenkummer-verstehen.de


Ergänzung
aktuelle Anmerkung der Autorin:
Der Artikel ist inzwischen nicht mehr ganz up to date was das Thema Frustrationstoleranz und Impulskontrolle betrifft. Ich würde heute etwas anders an das Thema herangehen. Ich werde bei Gelegenheit die ATN mal bitten, einen entsprechenden Hinweis einzufügen. ......grundsätzlich gibt es einen äußerst wichtigen Satz, den Sie gern dort einfügen dürfen:

Frustrationstoleranz lernt ein Lebewesen nicht durch Frustration, sondern durch Alternativen.
Salopp gesagt: gib der miez was tun und lass sie nicht in der Luft hängen.

Impulskontrolle macht impulsiv.
D. H. je länger man die Katze auf Verstärkung, Lob, Gelohnung warten läßt, desto impulsiver wird die Katze.


Das 10 leckerchen Spiel ist trotzdem eine Sache die klappen kann, je nach Situation. Denn das wird mit positiver Erwartung verknüpft und der Zeitraum des Wartens ist nicht leer sondern man zählt, was ein erlernter verstärker ist.
*Aber* ich würde mir immer die jeweilige Situation ansehen und individuelle Möglichkeiten suchen, und keine Rezepte.
Ausserdem: nur weil Katze in Situation A Impulskontrolle oder Frustrationstoleranz ausüben kann, kann sie es noch lange nicht in Situation B bis Z. Beide Fähigkeiten werden situationsabhängig gelernt.
Ich überlege noch einmal, ob ich Ihnen für das Forum etwas Aktuelleres zum Lesen zur Verfügung stellen kann...
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Re: Frustrationstoleranz bei Katzen

Beitrag von irlandfan »

Super, danke dafür. Selbst wenn Katzen nicht aggressiv sind, sondern nur gelangweilt und frustriert, kann man mit den Tipps bestimmt das ein oder andere bewirken.

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Re: Frustrationstoleranz bei Katzen

Beitrag von Tiedsche »

Ich hätte jetzt auch gedacht, dass in ganz vielen Haushalten solche Frustgrantler wohnen :D In meiner Gruppe wohnte bisher immer eine :cool: :panik:
Deshalb war ich jetzt sehr glücklich, dass es tatsächlich Übungen gibt. Bisher dachte ich, das gäbe es nur für Hunde.
Hier ist es ja nicht allzu schlimm. Meist ist Hunger hier der Auslöser, dass die nächstbeste Katze von Eiwie verdroschen wird. Bei Trielo war es auch so :schwindlig: Die Katzen können damit umgehen und ich bin auchgut erzogen und eile sofort in die Küche um den Napf zu füllen, wenn Madam so drauf ist.
Hat man allerdings ne Katze, die wirklich richtig sauer wird, beißt und kratzt, wenn ihr was nicht paßt hat man tatsächlich ein Problem. Man neigt ja dann dazu sich zu wehren und streng durchzugreifen. Wie die Ausführungen oben meinen ,verstärkt das den Frust dann ja eher anstatt etwas an dem unerfreulichen Verhalten zu ändern.

Ich werde das auf jeden Fall mal mit dem 1o-Leckerli-Spiel mit Eiwie versuchen. Mal sehn obs was ändert und ob ich konsequent dabei bleibe. Ist ja wie mit dem Clickern, man muß sich nen Tritt geben um es regelmäßig zu machen, zumindest bei mir ist es so. Hat man erstmal ne Routine wird man eh von der Katz dran erinnert, dass es Zeit ist :flirty:
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Wyse

Re: Frustrationstoleranz bei Katzen

Beitrag von Wyse »

Sehr interessant, vielen Dank... :-)

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Re: Frustrationstoleranz bei Katzen

Beitrag von MajaLilly »

Das ist wirklich sehr interessant. :respekt:

Ehrlich gesagt, kann ich mir aber nicht vorstellen, dass das 10-Leckerlie-Spiel bei echten Katzen wirklich gut funktioniert.

Ich schätze Eiwie mal so ein, dass sie dich ziemlich grummelig anschaut,
mit einem Blick "nicht dein Ernst, krieg ich jetzt ein Leckerlie oder nicht" .
Und dann dreht sie dir den Rücken zu und du hast ein neues Foto für den "Töten-Tröd ". :kicher:

Meine sind einfach nicht versessen genug auf Leckerlies, um Frustrationstoleranz zu üben.

Klickern geht bei uns auch nur mit "Klick" und streicheln oder furchtbar quitschig flötend loben. :unschuld:
Liebe Grüße von Petra mit Kuschelmaus Lilly und Neugierdshummelchen Maja

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Tiedsche
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Re: Frustrationstoleranz bei Katzen

Beitrag von Tiedsche »

Mein Ehrgeiz erwacht :D ich werde berichten :cool:

Hinzugefügt nach 3 Minuten 39 Sekunden:
MajaLilly hat geschrieben:
Mi 21. Dez 2022, 12:44


Meine sind einfach nicht versessen genug auf Leckerlies, um Frustrationstoleranz zu üben.

Klickern geht bei uns auch nur mit "Klick" und streicheln oder furchtbar quitschig flötend loben. :unschuld:
Es stand auch irgendwo, dass die Belohnung durchaus auch spielen, bürsten usw sein kann, wie beim Clickern ja auch. Kabisa konnte man auch eher mit bürsten als mit Leckerlis glücklich machen (wobei clickern eh unter ihrer Würde war :flirty: )
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