Baghira wurde letztes Jahr Ende Mai bei uns abgegeben, da man in der Familie Pflegekinder aufgenommen hat, er diese Pflegekinder angefaucht hat und er vorher auch hin und wieder mal auffällig gewesen sein soll (berichtet wurde von Sprüngen ans Bein, vor allem bei fremden Personen). Der ebenfalls weitere dort lebende Kater wurde nicht mitabgegeben.
Baghira kam, wie üblich, auch zunächst in eine Doppelbox unserer Quarantänestation. Dort zeigte er sich aus seiner Unsicherheit heraus extrem aggressiv, sodass wir direkt überlegt haben, wo wir ihn unterbringen können, da er mit diesem Verhalten nicht in einen der Räume im Tierheim ziehen konnte. Unser Tierheim wird fast ausschließlich von ehrenamtlichen Helfern betrieben, die mit einem Kater, der sich so aggressiv wie Baghira zeigte, maßlos überfordert wären und diesen nicht versorgen könnten/würden. "Richtige" Tierpfleger/innen gibt es bei uns nicht.
Im Rahmen der Initiative "Seniorenkatzen Amelie" (Zusammenschluss mehrerer Tierschutzvereine aus der Umgebung, um Seniorenkatzen auf Pflegestellen statt im Tierheim unterzubringen) haben wir ihn Anfang Juni auf einer Pflegestelle unterbringen können. Dort hat er sich absolut lieb, nett und verschmust gezeigt, sodass wir bei davon ausgegangen sind, dass sein aggressives Verhalten in der Quarantäne vor allem auf den beengten Raum zurückzuführen war (keine großartigen Ausweichmöglichkeiten).
Mitte Juli war er dann tatsächlich für etwa 24 Stunden vermittelt, bevor er dort dringend wieder wegmusste, weil er sie angefaucht, angeknurrt und bedroht hat. Wie die "Bedrohung" in dem Fall genau aussah, wissen wir nicht, da man an der Stelle nicht gesprächsbereit war. Er ist dann wieder zurück auf die Pflegestelle gezogen.
Auf der Pflegestelle kam es dann am 11.08.23 erstmalig zu einem Angriff wie von den Vorbesitzern geschildert: Er ist der Pflegestelle von hinten ans Bein gesprungen und hat sich fest reingekrallt. Danach hat er sich wieder verhalten wie sonst auch.
Es gab dann erneut Interessenten für ihn, zu denen er - trotz ausgiebiger Aufklärung bzgl. des Angriffes und auch der vorherigen Schilderungen der Vorbesitzer - am 17.08.23 umgezogen ist. Dies aber auch als Pflegekater mit der Option als Endstelle. Er hat dort mit zwei Hunden und einem weiteren Kater zusammengelebt. Leider hat man dort nicht langsam vergesellschaftet und es kam zwischenzeitlich immer mal zu Vorfällen zwischen den beiden Katern. Konkret hat jedoch leider nie jemand diese Situationen beobachtet, sondern es konnte immer nur an den örtlichen Umständen (sehr viel rumfliegendes Fell z.B.) festgemacht werden. Am 15.11.23 kam es auch dort zu einem Angriff auf das Bein, ebenfalls völlig unverhofft.
Anfang diesen Jahres ist Baghira dann jedoch erneut in die Vermittlung gegangen, da der vorhandene Kater nun sehr deutlich durch Unsauberkeit kundgetan hat, dass er Baghira nicht dort haben will. Am 27.01.24 ist er dann zurück auf seine ihm bereits bekannte Pflegestelle gezogen, auf der zwischenzeitlich zwei weitere, weibliche Pflegekatzen eingezogen waren. Mit diesen Pflegekatzen kam er ebenfalls nicht zurecht und hat diese u.a. mit Klomobbing tyrannisiert. Auch hier wurde nicht langsam vergesellschaftet, aber zumindest in Abwesenheit getrennt. In der Nacht zum 04.02.24 kam es erneut zu einem Angriff auf das Bein, dieses Mal hat er nicht nur gekrallt, sondern auch gebissen.
Da er zwischenzeitlich eine vielversprechende Anfrage hatte von einer Frau, die mitgeteilt hat, genau das auch mit ihrer verstorbenen Katze durchgemacht zu haben, ist er am 10.02.24 erneut ausgezogen. Dort war er allein und sollte später Freigang bekommen.
Am 08.03.24 meldete sich die neue Besitzerin und wollte Baghira sofort wieder abgeben, nachdem es am Vortag zu einem Angriff auf sie gekommen ist. Nähere Details dazu sind uns leider nicht bekannt (lediglich, dass er angeblich aus einem anderen Raum heraus auf sie losgegangen sein soll, was in allen anderen Fällen bisher nicht der Fall war), da Gespräche verweigert wurden. Baghira ist dann am 08.03.24 kurzzeitig wieder zurück auf seine alte Pflegestelle gezogen, aber bereits da war klar, dass er aktuell dort nicht bleiben kann, aber wir mussten im Tierheim und auf unseren Pflegestellen erst die Katzen passend umsetzen. Am 18.03.24 ist er dann bei mir eingezogen.
Zwischenzeitlich wurde er erneut komplett untersucht (inklusive Blutbild und Urinprobe), lediglich ein Dentalröntgen wurde bisher nicht gemacht. Die bisherigen Untersuchungen waren alle ohne Befund.
Baghira musste also innerhalb des letzten Jahres leider sehr viel mitmachen, was wir uns definitiv auch anders gewünscht hätten.
Nachdem er nun fast 5 Wochen bei mir ist, habe ich für mich bereits einiges festgestellt, was uns bisher nicht bekannt war bzw. ggfls. einfach auf den vorherigen Stellen nicht entsprechend interpretiert wurde. Baghira ist absolut unsicher und strahlt fast die gesamte Zeit auch eine grundlegende Nervosität aus, entspannen kann er sich, vor allem in meiner Gegenwart, nur sehr schwer. In den ersten Tagen durfte ich ihm nicht zu nahekommen, er hat geknurrt, gegrummelt, gefaucht und auch gesungen. Ich habe ihn weitestgehend in seinem Zimmer in Ruhe gelassen, nur die Klos gesäubert und gefüttert und mich einfach mal aufs Sofa gesetzt und ihn ignoriert. Nach und nach ist er dann auf mich zugekommen, bis ich auch die ersten vorsichtigen Streichelversuche starten durfte. Er kommuniziert sehr klar und deutlich, sowohl lautmäßig als auch körperlich, d.h. er gibt sehr eindeutig vor, was gerade gewünscht ist und was nicht. Anfangs durfte ich keine "Streichelangebote" machen, sobald ich ihm meine Hand hingehalten habe, damit er entscheiden kann, wurde dies mit einem festen Pfotenhieb quittiert. Mittlerweile sind wir auf einem Level, wo es mir durchaus erlaubt ist, auch mal von mir aus auf ihn zuzugehen. Er kommt auf dem Sofa auf meinen Schoß, kann sich aber nicht entspannen und dreht sich die ganze Zeit hin und her. Auch wenn er sich neben mich legt, schlägt sein Schwanz durchgehend nervös. Da ich erkenne, dass er da durchaus Fortschritte macht, denke ich, dass das alles nur eine Frage der Zeit ist.
Am Dienstag kam es jetzt jedoch auch zu zwei Angriffen auf mein Bein. Da ich in seinem Zimmer eine Kamera installiert habe, denke ich auch, dass wir im Nachgang bereits ermitteln konnten, WARUM es zu diesen Angriffen kam. In beiden Fällen dürfte unserer Meinung nach das Bein selbst der Auslöser gewesen sein (einmal von oben kommend direkt neben ihm, einmal etwas mehr als gewöhnlich gehoben ebenfalls direkt neben ihm), ggfls. weil er mit einem Tritt o.ä. gerechnet hat (unsere Vermutung, wir wissen nichts Entsprechendes, nur dass er in seinem ersten (evtl. auch ersten beiden) Lebensjahren noch in einer anderen Familie gelebt hat, wo er nicht so super gut behandelt wurde - Aussage der Besitzer, die ihn letztes Jahr bei uns abgegeben haben, konkrete Beispiele wurden nicht genannt).
Ich stelle hier einmal die Videos von Dienstag zur Verfügung:
(Links gelöscht)
Miriam selbst sagt, dass sie nicht auf Aggressionen gegen Menschen spezialisiert ist und deswegen lieber anderen, die mehr Ahnung von der Materie haben, den Vortritt lässt.
Uns, insbesondere natürlich mir als Pflegestelle, geht es darum, jemanden zu finden, der mich konkret anleitet wie ich mit ihm arbeiten kann, um ihm diese Angst zu nehmen. Ich bin zuversichtlich, dass in diesem Kater noch viel mehr drinsteckt, als er sich so zu zeigen traut und dass man dieses "Problem" in den Griff bekommen kann.
Baghira ist ansonsten sehr agil, spielt viel und gerne. Mit ihm zu clickern habe ich ein, zweimal bereits ausprobiert, aber dafür hatte er noch nicht genug Ruhe und Geduld.
Aktuell hat er leider "nur" ein gesichertes Fenster, welches er sehr liebt und gerne am offenen Fenster sitzt. Bei einer Vermittlung wird er mindestens einen gesicherten Balkon benötigen.
Um die Situation einmal noch vollständig zu schildern, insbesondere auch sein Verhalten gegenüber anderen Katzen:
Bei mir selbst leben noch meine 3 eigenen Katzen, von denen er jedoch getrennt ist. Anfangs noch komplett mit normaler Zimmertür, dann mit Gittertür (die auf 2/3 noch zusätzlich mit Plexiglas versehen war). Seine anfänglichen Reaktionen auf meine Katzen bzw. insbesondere auf einen meiner Kater (die anderen beiden sind deutlich reservierter ihm gegenüber und gehen nicht mehr wirklich schauen, nachdem er immer in bzw. gegen die Tür gesprungen ist) haben sich zuletzt so verbessert, dass ich das Plexiglas nach und nach vollständig entfernt habe und es jetzt eine reine Gittertür ist. Noch ist er allerdings für mich "nicht richtig ansprechbar" an der Gittertür, d.h. positive Konditionierung erfolgt gerade nur über verbales Lob, da Leckerchen o.ä. Dinge in dem Moment völlig ignoriert werden.
Mindestens den zweiten Angriff auf mich haben meine eh schon sehr reservierten Katzen Willy und Luna leider auch beobachtet und seitdem meiden sie den Bereich vor der Gittertür noch mehr als zuvor, Theo agiert aber weiterhin sehr höflich und freundlich an der Gittertür mit Baghira.
Nachdem es mit den letzten Katzen, zu denen er einfach gesetzt wurde, nicht geklappt hat, bin ich mir mittlerweile auch recht sicher, dass es an der nicht vorhandenen Zusammenführung und seiner (tief verankerten) Unsicherheit lag. Ich habe die Hoffnung definitiv nicht aufgegeben, dass er mit anderen Katzen kompatibel sein kann.